Donnerstag, 3. November 2011

The Fantastic Mr. Dylan

Da dachte ich nach den Sommer-Shows des Meisters, es gibt keine Steigerung mehr. Das war zu großartig um noch größer zu werden. Nun kam der Zimmerman aber diesen Herbst noch mal mit dem Knopfler Mark im Gepäck nach good old Europe. Davon hab ich mir Berlin und Hamburg gegeben. Was soll ich sagen. Von einer Steigerung kann ich nicht sprechen. Es war einfach immer noch so großartig wie im Sommer. Bob Dylan so super entspannt und gut drauf. Seine tolle Band mit vollem Einsatz bei ihm und uns.
In der Presse wurde die Stimme des Meisters verschiedentlich mit Hundegebell verglichen und verschiedentlich wurde auch wieder über Ruhestand nachgedacht. Nun, wer bei den Performances von Bob Dylan Hunde bellen hört, sollte sein Gehör untersuchen lassen und/oder gleich selbst über Ruhestand nachdenken um nicht weiter solch einen Müll zu verzapfen.
Nun aber zurück zum Thema:
Am Samstagmorgen (29.10.2011) fuhren Jutta, Jörg und ich mit der Eisenbahn nach Berlin. Die beiden hatten ein strammes Programm bis zum Abend (Museen, Ausstellungen und und und). Meinereiner fuhr weiter zu meinen Eltern nach Brandenburg. Mit meiner Ma ging es dann am späten Nachmittag wieder nach Berlin, wo uns Jörg am Ostbahnhof erwartete. Jutta kam nicht mit zum Konzert. Für sie gab es Tim und Struppi im Cinemaxx am Potsdamer Platz. Nach 'ner Currywurst im Ostbahnhof ging es zu Fuß zur O2 World.
Was für eine Riesenhalle. Mit ca. 11000 Leuten war das Teil dann auch ausverkauft.
Bevor wir zu unseren Plätzen gingen, holte ich mir noch ein Tagesplakat, weil ich Angst hatte, nach dem Konzert keines mehr zu bekommen.
Wir hatten Karten für den Innenraum ganz vorn in der Mitte Reihe 4. Um Punkt halb 8 kamen Mark Knopfler und seine Band auf die Bühne. Meine Mutter war eher wegen seiner Musik mitgekommen. Die gefiel Jörg und mir allerdings auch ganz gut. Handwerklich perfekt inszenierter Rockpop mit Folk Ausflügen. Die Stücke stammten fast ausschließlich aus seiner Zeit nach den Dire Straits. Am Ende gab es aber noch Brothers In Arms. Die Mark Knopfler Fans um uns herum gaben nach jedem Stück standing ovations. Wohl um klarzustellen wegen wem man hier war...
Nach ca. 75 Minuten war das vorbei und 25 Minuten Umbaupause (ohne Ansage) folgten. Knopfler stellte im Übrigen seine Band nicht vor...
In der Pause lief Jörg und mir Dr. Hanns-Peter Bushoff (Senior Product Manager bei Bob's Plattenfirma) über den Weg. Dem konnte ich berichten, dass mir seine neue Zusammenstellung Pure Dylan sehr gefällt und ich gewisse Feinheiten in den credits sehr lustig finde... (session credits courtesy of Olof Björner...)

Dann wurde von Ordnerseite darauf hingewiesen, wieder die Plätze einzunehmen. Die waren recht gut organisiert...

Das Licht ging aus und während der Off-Ansage: "Ladies and gentlemen, please welcome the poet laureate of..." kamen Stu Kimball, George Recile, Tony Garnier, Charlie Sexton, Donnie Herron, Mark Knopfler (für die ersten 4 Songs) und der Zimmerman unter tosendem Applaus auf die Bühne. Mit dem Kracher Leopard-Skin Pill-Box Hat startete die Reise. Bei It's All Over Now Baby Blue kam Bob mit Guitar nach vorn. Da waren es dann mal eben 4 Guitars auf der Bühne. Sehr schöne Version. Dann Things Have Changed mit Dylan weiter vorn aber ohne Gitarre sondern mit Bluesmunti, locker vor und zurück und von rechts nach links tänzelnd. Mikrofonständer als Turngerät. Dann ein absoluter Höhepunkt mit Mississippi, das er glücklicherweise aus Amerika nach Europa mitgebracht hatte und ich nun einmal das Glück haben sollte, es live zu erleben. Und es war groß.
Dann verließ MK die Bühne. Bob Dylan griff derweil wieder in die Tasten seiner Korgel und diesmal lag er richtig mit der Aussage: Summer days and summer nights are gone...
Das Arschloch William Zanzinger ist nun auch schon fast 3 Jahre begraben. Seine Tat aber wird uns immer wieder ins Gedächtnis gerufen: Der einsame Tod von Hattie Carroll. Danach folgte eine traumhafte Version der Ballade von Hollis Brown. Stu Kimball füttert das Ganze so toll mit acoustic guitar fillings. Bob's Magic Band...
Gut, von Desolation Row hab ich persönlich andere Lieblingsversionen. Die Zerhackstückelung der Textzeilen und recht rohe Behandlung dieses Meisterwerks passte aber gut in das Gesamtkunstwerk das diese Show darstellte.
Bei Highway 61 Revisited hielt es verschiedene Menschen nicht mehr auf den Plätzen und sie rannten nach vorn, um dem Meister noch näher zu sein bzw. sich zu der Musik auch bewegen zu können. Alles ging sehr schnell und die Ordner ließen es geschehen. Wie ich später las, hielt es eine andere Gruppe auch nicht auf den Plätzen, die allerdings dem Ausgang zustrebten. Hab ich allerdings nicht selbst gesehen.
Nettie Moore war auch so ein Höhepunkt. Dann mal wieder die Frage nach Alicia Keys um danach einen anderen Lieblingsdauerbrenner abzufeiern mit Bob an Bluesharp und Mikrofonturnstange bei der Ballad Of A Thin Man. Die Mundharmonika musste danach sicher repariert werden. Das hat die garantiert nicht überlebt.
Im Gegensatz zu den beiden Shows, die ich im Sommer sehen durfte gab es eine ganz hervorragende Version von All Along The Watchtower mit Stu an der Leadguitar und nachdem Dylan seine Band vorgestellt hatte auch noch eine wirklich superschöne Version von Like A Rolling Stone.
Dann hieß es Abschied nehmen bis Montag.
Die Halle wurde recht schnell geleert. Die Ordner leisteten ganze Arbeit.
Draußen trafen wir Georgia (regelmäßige Besucherin des JDD) und ihre Schwester und Bernd aus Bonn, den wir letztes Jahr auf der Rückreise vom Dylan Konzert in Linz im Zug kennengelernt hatten. Wir wollten noch irgendwo was trinken gehen. Das war allerdings schwieriger als gedacht (die einen und die anderen, Hotel hier und dort, schon so spät...) und verlief im Sande. Am Hauptbahnhof trennten sich unsere Wege und meine Ma und ich machten uns auf den Heimweg nach BRB. Am Sonntag hatte mein Vater Geburtstag. Das war eine sehr gute Tourplanung vom Dylan :-)
Am Montag fuhr ich wieder nach HH zurück und nachdem ich kurz zuhause vorbeigeschaut hatte (ja, es stand noch alles) traf ich mich mit Jörg an der Mundsburg, der mit Jutta schon am Sonntag nach Haus gefahren war. Gemeinsam fuhren wir raus nach Stellingen zur O2 World (früher mal Colorline Arena: da war Dylan am 4. April 2007). Der 1500m lange Fußweg von der S-Bahn zur Halle führt an einer Müllverbrennung vorbei. Die stank wie die Pest. In der O2 angekommen wurde erst mal ein Holsten (gab LEIDER kein anderes) und eine Riesenbrezel verkostet. Die Brezel war echt riesig.
Dann lief uns Gregor über den Weg. Er hatte die Karten in Reihe 2 besorgt. Danke Gregor!
Der Innenraum war viel enger bestuhlt als in Berlin. Hab allerdings keine Besucherzahl. Es war aber ausverkauft.
Knopfler und Band begannen wieder pünktlich um halb 8. Bis auf das erste Stück (In Berlin: Why Aye Man und hier: What It Is) spulte sich sein Programm auf haargenau die gleiche Weise ab. Das war zwar immer noch nett anzuhören. Aber es war auch ein wenig langweilig.
75 Minuten später stieg die Spannung ins unermessliche. Womit überrascht uns der Zimmerman heute? Wieder ca. 25 Minuten Umbau und Licht aus, kein Spot an: "Ladies And Gentleman, please welcome the poet laureate of rock 'n' roll. The voice of the promise of the 60's counterculture. The guy who forced folk into bed with rock. Who donned up make-up in the 70's and disappeared into haze of substance abuse. Who emerged to find Jesus. Who was written off as a has-been by the end of the 80's, and who suddenly shifted gears releasing some of the strongest music of his career beginning in the late 90's. Ladies and gentlemen - Columbia recording artist Bob Dylan."
Die Band, MK (für die ersten 5 Stücke) und der Meister selbst legten nach ein paar Orientierungstakten mit dem Leopardefellhoot los. Das knackte in den Boxen...
Danach schon das erste Highlight mit Boots Of Spanish Leather. Und ich war fast geneigt hier Girl From The North Country zu hören. Hab aber schnell die Kurve gekriegt... Bob hier wieder am Mikrofonständer tanzend. Gott, was für ein schöner Song.
Things Have Changed immer sehr gern gehört, hat dieses Jahr einen wirklich guten Lauf. Geil.
Highlight: Man In The Long Black Coat. Mehr Oh Mercy! Mehr Oh Mercy! Mehr Oh Mercy!
Nach The Levee's Gonna Break verließ MK die Bühne und es folgte mit Not Dark Yet in einer ebenfalls tollen Version der nächste Höhepunkt.
Rollin' And Tumblin' rollte unermüdlich mit Dylan an der Korgel.
A Hard Rain's A-Gonna Fall hab ich zuletzt an selbem Ort gehört. Am 4. April 2007 hier in der O2 (damals noch Colorline) Die heutige Version war unvergleichlich besser. Das liegt unter anderem daran, daß alles viel lebendiger rüberkommt als noch vor 4 Jahren. Im Prinzip seit Herbst 2009 ist die Bob Dylan Show eine andere. Danke Charlie!
Bei Highway 61 Revisited wieder nach vorn stürzendes Publikum. Da hielt es auch uns nicht mehr auf den Stühlen. Die Absperrung war das Limit.
Forgetful Heart sanft an der Turnstange vorgetragen. Schööön.
Im festen Block aus Thunder On The Mountain, Thin Man, Watchtower und Rolling Stone stach auch hier wieder Thin Man hervor. Davon bekomm ich nicht zuviel. Das ist wirklich mit so einer Inbrunst und mit so Messerscharfer Bluesmunti vorgetragen. Neuerdings (im Sommer zuerst gehört) mit Echo: Do Yah ah Mista ah Jones.
Watchtower wieder mit Stu an der Leadguitar und fast majestätisch Like A Rolling Stone. How does it feeel? Das war es für mich in 2011 mit Bob Dylan live in Show & Concert.
Noch ein kurzes Verharren von Bob Dylan and his magic band auf der Bühne und zuwinken von Fanseite und aus.
Beim Verlassen der Halle besorgte ich mir noch das Tagesplakat und draußen bei einem fliegenden Händler ein schönes Tourshirt fürn 10er.
Gregor nahm Jörg und mich mit dem Wagen bis zu einer günstig gelegenen U-Bahn Station mit. Jörg wurde an seiner Station verabschiedet und mein Zwischenziel hieß JOY. Das hatte noch geöffnet und den besten Plattenhändler im Universum (derzeit leider ohne Plattenladen) hinterm Tresen. Guter Ausklang!

Bob sei Dank!

4 Kommentare:

  1. Hallo und danke für die schönsten Konzertberichte
    bis hierhin, richtig der Anfang, ... soll in den Ruhestand gehen, der Bohnen in den Ohren hat, ...
    Waren im kalten Juni in Mainz , es regnete den ganzen Tag - als die Musik begann, kam die Sonne heraus. In Mainz hat mir besonders Desolation Row
    gefallen und ich freute mich sehr über Girl of the North Country.
    Grüß Gott, sagt der Michl aus Bayern ( na ja
    Nordbayern, Würzburg).

    AntwortenLöschen
  2. Joachim Neumann aka Apocalypso Singer aka Bobbie Stewart4. November 2011 um 12:18

    Super Review, war in Mainz, Esch-sur-Alzette und hab London noch vor mir! Für mich ist die jetzige Tour einfach phänomenal (aber das sag ich fast von jeder Zimmerman-Tour). Keep on rockin´

    AntwortenLöschen
  3. @Michl: Stimmt, der Bob hat die Sonne in Mainz rausgelockt. Aber es war auch im Regen nicht kalt :-)

    @Apocalypso Singer: tolle Tangled Up In Blue Version von Dir bei youtube!!! Ganz viel Spass in London beim Meister!

    AntwortenLöschen
  4. Schön zu lesen, macht Spaß. Weiter so! In Leipzig hättest du mit dem "Girl vom hohen Norden" richtig gelegen :) Grüße aus Thüringen

    AntwortenLöschen